Aus der Cronik von 1911:
Evangelische Kirche
Die evangelische Gemeinde in Peilau
In unserem Aufsatze "Katholische Kirche" berichteten wir schon, dass in Peilau die evangelische Religion schon früh Eingang gefunden hatte. Es zeugt davon ein Kirchenbuch, welches im Pfarrarchiv von Nieder-Mittel-Peilau aufbewahrt wird.
Wir bringen nun einen Überblick des evangelischen Religionslebens Peilaus, wie es sich vom 20. März 1654 an gestaltet hat.
Es ist in hohem Maße anzuerkennen, wie die Evangelischen auch hier ihrem Bekenntnis treu blieben. Da war kein Weg zu weit, kein Wetter hinderte sie, wenn es einmal galt, eine Predigt beizuwohnen, welche von vertriebenen Pastoren im Geheimen an versteckten Gebirgsstellen oder in den durch Zufall der Wegnahme verschont gebliebenen Gotteshäusern abgehalten wurde. Die Familienväter, alte Mütter lasen ihren Kindern, ihrem Gesinde bei wohl verschlossenen Türen Gottes Wort aus Luthers Bibel-Übersetzung vor.
Aber es war noch nicht genug des Elendes über die Evangelischen in Schlesien hereingebrochen. 1666 erließ der Bischof von Breslau ein Edikt, in welchem sämtliche evangelische Schullehrer abgesetzt wurden.
Schlesiens evangelische Kirche schien dem Untergange geweiht, wenn nicht Karl XII. von Schweden, durch seine Kriege mit Dänemark, Russland und Polen die Rettung gebracht hätte. Seine Kriegszüge führten ihn auch durch Schlesien. Das Volk jubelte, als es einen evangelischen Fürsten in seiner Mitte sah.
Genug, der König nahm sich seiner bedrohten Glaubensgenossen an. Er zwang Josef I. von Österreich in der Konvention zu Altranstädt am 22.8.1707, dass er die weggenommenen Kirchen nicht nur wiedergab, sondern in den Bau 6 neuer Gnadenkirchen einwilligte. Das evangelische Peilau empfing seine Gotteshäuser nicht wieder. Die Rosenbacher Kirche ward evangelisch, und bis dorthin mussten die Peilauer wandern, wenn sie einem evangelischen Gottesdienste beiwohnen wollten. Es wurde auch die Dirsdorfer und Dittmannsdorfer Kirche besucht. Es gingen weitere 40 Jahre hin. Friedrich der Große ward König in Preußen; er war durch den 1. schlesischen Feldzug Schlesiens Herr geworden. Dem König dankte Schlesien den Bau von über 200 evangelischen Gotteshäusern. Jedoch am 25. Dezember 1742 erhielten die Herrnhuter das Recht, vier ihrer Niederlassungen mit Kirchen zu bebauen. So erstand Gnadenfrei, über dessen Geschichte wir ja noch besonders berichten werden.
Die Peilauer evangelisch-treuen Bewohner hatten es nun leichter; denn die Herrnhuter gestatteten in gastlicher Weise den Besuch ihrer Predigten und halfen bei seelsorgerischen Handlungen durch hilfreiche Dienste.
Als Friedrich der Große nach der Schlacht am Fischerberge des Morgens am 17. August 1762 fußfällig von Peilaus Bewohnern um Rückgabe ihrer Kirchen oder Erbauung einer neuen gebeten wurde, sagte er es ihnen gern zu. Aber das nach dem Kriege so verarmte Königreich Preußen war außerstande, Peilaus Herzenswunsch zu erfüllen. Endlich im Jahre 1810 erreichte es der Ort, dass die Evangelischen in der Kirche zu Ober-Peilau des Sonntags wenigstens Nachmittagsgottesdienst abhalten durften. 1833 kam es dazu, dass die Evangelischen wieder eine selbständige Kirchengemeinde werden sollten. So vergingen wieder 7 Jahre, bis es endlich zur Bauerlaubnis kam. Am 29. Juni 1840 traf die Nachricht ein, dass Friedrich Wilhelm III. dem Orte 14878 Taler schenke. Der Bau ward auf 29112 Taler veranschlagt; diese Summe ist aber erheblich überschritten worden. Am 31. Oktober 1840 begann der Bau. Die Vorstände der Gemeinde waren damals: Graf Rödern, von Zezschwitz, Marx, Fischer, Liebich, Köchel, Sauermann, Hoffmann, Becker, Klingberg.
Der Bauanfang wurde in echt christlicher Weise gefeiert. Am 23. September 1841 weilte König Friedrich Wilhelm IV. auf der Durchreise hier. Ihm zu Ehren hatte man eine Ehrenpforte bei der Kujackschen Besitzung unweit der steinernen Brücke erbaut. Dort empfingen ihn um 1 Uhr mittags die Behörden. Der König besichtigte eingehend den Bau.
Mit dem Bau der Kirche war auch der Bau des Pfarrhauses und Anlage des Kirchhofes inbegriffen. Am 7. Juli 1843 war auf letzterem die erste Leiche zur ewigen Ruhe bestattet. Es war die Frau des Bauergutsbesitzers Klingberg, eine der eifrigsten Förderer der guten Sache.
Am 31. Oktober desselben Jahres war der Hauptturm so weit fertiggestellt, dass er den Abschlussknopf erhalten konnte. Auch dieser Teil des Baues ward mit einer erhebenden religiösen Feier beschlossen. Die drei Turmköpfe sind vom Kupferschmiedemeister Oertel - Gnadenfrei angefertigt und kosten inklusive Vergoldung seitens des Goldarbeiters Schmutz 161 Taler.
Der Turmkopf des Hauptturmes enthält allerlei Druckschriften und Geldmünzen. Das Kreuz des Mittelturmes wiegt 1 1/2 Zentner; es ist vom Schlossermeister Hafting - Reichenbach für 38 Taler angefertigt. Die Glocken des schönen Gotteshauses verdanken wir dem hochherzigen Geber Stellmacher Johann Gottlieb Seipold. Er hatte sogar noch 1200 Taler, also mit dem Glockengeläut 2630 Taler geschenkt. Leider starb er durch einen Unfall am Gladisteiche. Wir suchten dort vergeblich eine Gedenktafel für diesen edlen Mann, dem die evangelischen Peilauer es verdankten, dass die Glocke sie zur Kirche rufen. Die Glocken tragen die Inschriften auf der Vorderseite:
Liebe
Lobet den Herrn
In seinem Heiligtum
Alles was Odem hat,
loben den Herrn Hallelujah.
Psalm 150 V. 1 u. 6
Hoffnung
Selig sind, die Gottes Wort
Hören und bewahren.
Luk. 11 V. 28
Und endlich die kleine Glocke:
Glaube
Sie werden Völker
Auf den Berg rufen
5. Mos. 38 V. 19
Danket dem Herrn und
Lobet ihn mit Singen und Klingen.
Sirach 39 V. 20
Gegossen von C. R. Wagner in Gnadenfrei 1843
Auf der Rückseite steht bei jeder Glocke:
"Johann Gottlieb Seipolt, Freistellenbesitzer zu Ober_Peilau-Reuß, der als Knabe sein Brot bettelte, um dvon sein Schulgeld zu bezahlen und seiner Ehefrau Maria Rosina geb. Bischdorf, schenkten von ihrem mit der Hilfe Gottes mühsam erworbenen Vermögen diese Glocken zu immerwährenden Andenken, nachdem sie zum Bau dieser Kirche schon 1200 Taler geschenkt hatten"
Die Freude der Kirchengemeinde Peilau war nicht gering, als am 5. Juli 1844 noch weitere 2602 Taler vom König geschenkt wurden; denn der bau hatte weit den Kostenvoranschlag überschritten. Nun war noch so viel übrig, dass eine Orgel beim Orgelbauer Bogel - Frankenstein für 1839 Taler bestellt werden konnte.
Endlich, endlich am 18. Juni 1845 war das große Werk vollendet, und das neue Gotteshaus, welches weithin sichtbar ist, durfte seiner Bestimmung übergeben werden. Auch hierbei ward eine schöne Feier abgehalten. Sie ist im Metheschen Büchlein "Geschichte der evangelischen Gemeinde Peilau 1895" ja schon so genau beschrieben, dass wir nur noch von den Spendern der heiligen Geräte zunächst berichten wollen.
Die Witwe Maria Rosina Seipolt schenkte das schöne Altarbild "Einsetzung des Abendmahles"; Oelschläger Joh. Gottlieb Kunert - Ober-Peilau ein Kruzifix; Schuhmachermeister Kühn - Ober-Peilau einen silbernen Krankenkommunionsbecher; Töpfermeister Liebner - Ober-Peilau eine silberne Hostienbüchse; Rittergutsbesitzer v. Zezschwitz - Ober-Peilau II einen silbernen Kelch; Frau Erbscholtiseibes. Birn auch einen Kelch; Rittergutsbesitzer E. Liebich eine Taufkanne; Lehngutsbesitzer Hoffmann - Ober-Mittel-Peilau drei Kronleuchter; unbenannt ein Kronleuchter; Frau Major von Lindeiner das Altartuch; Partikulier Spandow 5 Armenbüchsen mit Schlössern. Die Jungfrauen spendeten den Teppich, die Jünglinge die Brautsessel. Außerdem sind noch als Geber Amalie Thunig, Anna Gregor, Christiane Muse, Helene Fulden, Tischlermeister Schuster, Zimmermeister Schilk und Bauergutsbesitzer Dierich zu nennen.
Das die ganze Gemeinde eine Liebesgabe von 358 Talern zusammenbrachte, ist noch zu erwähnen.
Die ersten getauften Kinder waren vom Bauergutsbesitzer Becker - Nieder-Mittel-Peilau, Müllermeister Fischer - Ober-Mittel-Peilau, Stellenbesitzer Thust - Ober-Peilau II. Die Kirche in Peilau besitzt folgende Legate: Familie Seipold 12000 Mk, Regier. Calcul. Lachmund - Breslau 1200 Mk, Stellenbesitzer Kuhnert - Ober-Peilau I 1500 Mk. Und Müllermeister Schaaf - Ober-Peilau I 3600 Mk. Die Zinsen gehören nach Bestimmung dem jeweiligen Pastor bezw. Kantor hierselbst als Gehalt.
Aus: Vergangenheit und Gegenwart, von Peilau-Gnadenfrei, von Richard Schneck, Buchhändler, Kommissionsverlag Heege&Güntzel (Paul Wiese), Reichenbach in Schlesien 1911,
In der Hoffnung keine Urheberrechte verletzt zu haben, denn zum Kommissionsverlag erbrachten meine Nachforschungen keine Ergebnisse.
Alte Aufnahmen der Roten Kirche finden Sie unter folgendem Link:
http://wroclaw.hydral.com.pl/25513,obiekt.html
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